Marco Gauger, IfAOe
Bei welchem Arbeitgeber arbeiten Sie und wie lautet Ihre Position?
Ich arbeite beim IfAOe dem Institut für Angewandte Ökosystemforschung, wo ich als Fachbereichsleiter Marine Säuger angestellt bin.
>> Empfinden Sie Ihren Job als anstrengend?
Unsere Arbeit ist abhängig vom saisonalen Untersuchungsaufwand und den Terminen, an denen wir Berichte oder Daten abgeben müssen. Ersteres bedeutet, dass wir in bestimmten Monaten einen gewissen Untersuchungsaufwand haben und auch bei widrigen Wetterbedingungen unsere Arbeit leisten müssen. Dies kann bei mehreren gleichzeitig laufenden Projekten auch einmal körperlich anstrengend werden. Berichte und andere Aufgaben müssen mit Zeit geplant werden. Es kommen aber immer wieder wichtige Termine, die die Reihenfolge der Prioritäten ändert. Genau dann wird es anstrengend aber auch spannend.
>> Ist Ihr Beruf abwechslungsreich?
Ich denke speziell wir Biologen können einen besonders abwechslungsreiches Arbeitsleben haben. Dabei wechseln sich Phasen im Feld mit Büroarbeit und Terminen bei Auftraggebern sowie den Genehmigungsbehörden von Bund und Ländern (BSH, LNWKN, LUNG, etc.) ab. Je nach Präferenz sind dabei einige Biologen fast ausschließlich im Feld, wozu meist unsere freiberuflich tätigen Mitarbeiter zählen, während meine Kollegen und ich im Büro für die Organisation, die Auswertung der Daten sowie die Berichtserstellung zuständig sind. Die Feldarbeit besteht meist darin regelmäßige Ausfahrten (mit dem Schiff oder Flugzeug) durchzuführen. Die Ausfahrten sind Teil direkte Untersuchungsmethoden von einem Schiff oder einem Flugzeug aus, wobei Vögel und Meeressäuger auf parallel verlaufenden Transekten gezählt werden. Indirekte Methoden umfassen z.B. die Nutzung digitaler Kamerasysteme bei denen 11 bis 17.000 Bilder aufgenommen werden, die später z.B. mit Bilderfassungsprogrammen analysiert werden können. Die Methodik womit ich mich hauptsächlich auseinandersetze sind Klickdetektoren ein Unterwassermikrophon, das über Monate hinweg die Echoortungen von Schweinswalen und anderen Zahnwalen aufzeichnen kann. Diese Klickdetektoren werden von uns an stationären Verankerungen in der Nord- und Ostsee ausgebracht, welche wir alle sechs bis acht Wochen prüfen um Verankerungen zu prüfen und Daten auslesen.
>> Wie würden Sie Ihre Tätigkeit beschreiben?
Sehr abwechslungsreich, interessant und herausfordernd. Abwechslungsreich da wir so viele verschiede Methoden verwenden und uns stätig fortbilden müssen. Interessant da wir uns mit Organismen auseinander setzen und deren Verbreitung und Reaktionen auf Bauvorhaben untersuchen und quantifizieren. Herausfordernd, da jede Woche anders als die letzte ist. Wir müssen uns auf die Ausfahrten gut vorbereiten und wenn etwas nicht wie geplant läuft Lösungen finden damit wir am Ende unsere Arbeit doch zur unserer Zufriedenheit stattfindet. – Wie sieht ein typischer Arbeitstag bei Ihnen aus?Es gibt nicht einen Standardtag. Die Arbeit erfolgt in regelmäßigen Zyklen in Abhängigkeit von den Ausfahrten und Berichtsabgaben. Wenn eine Fahrt ansteht organisieren wir diese egal ob Montag, Dienstag oder Freitag ist. Das Wetter kennt kein Wochenende oder Feiertage, wir müssen das beste verfügbare Wetterfenster abpassen um die Arbeit am besten umsetzen zu können. Das Material für die Ausfahrten muss überprüft und die Dokumente an die bevorstehende Aufgabe angepasst werden, wofür unser Fahrtenplanungsteam zuständig ist. Die Fahrt selber dauert ein bis vier Tage, während denen ich zum Teil die Aufgaben der nicht anwesenden Kollegen übernehme. Nach der Fahrt werden die Daten analysiert, in unsere Datenbanken überführt und archiviert. Meine tägliche Arbeit besteht darin den Kontakt mit meinen Kollegen zu suchen, die Präferenzen bei der Arbeit zu setzen und die Berichte vorzubereiten. Bei bereits abgegeben Berichten kann es auch nötig sein Antworten auf Stellungnahmen von Auftraggebern, den Behörden (BfN, BSH, etc.) oder Umweltorganisationen zu verfassen. Darüber hinaus bin ich bei der Erstellung neuer Angebot involviert.
>> Gibt es etwas in Ihrem Job, was man in anderen Jobs schwer findet?
Als Biologe Bojen zusammenbauen und warten. Insgesamt erscheint mir meine Arbeit auch daher so interessant, da dieser biologische Job auch viele technischen Aspekte hat. Zusätzlich sind ebenso rechtlichen Dinge die berücksichtigt werden müssen, was die Arbeit sehr vielfältig und interessant macht.
>> Gibt es Dinge, die sie an Ihrem Job nicht mögen?
In meiner aktuellen Position komme ich persönlich kaum mehr ins Feld, was mir sehr fehlt.
>> Haben Sie geregelte Arbeitszeiten?
Eigentlich ja, außer wenn ich eine Ausfahrt habe, bei der ich auch einmal früh morgens los muss. Auf See arbeitet man oft so lange wie es das Wetter hergibt.
>> Arbeiten Sie hauptsächlich hier an Ihrem Arbeitsplatz oder unternehmen Sie häufig Dienstreisen oder arbeiten von zu Hause aus?
Ich arbeite in der Regel im Büro, da ich privates und die Arbeit nicht vermischen möchte. Dienstreisen sind bei mir meist kurz, so sind selbst die Ausfahrten meist nur mit zwei bis vier Nächten an Bord verbunden.
>> Könnten Sie theoretisch Ihren Standort wechseln, beispielsweise in einen kleinen Ort Süddeutschlands oder ins Ausland ziehen?
Meine Arbeit ist ans Meer gebunden. Jedoch kann ich durch entsprechende Weiterbildung auch bei Windparkprojekten an Land eingesetzt werden. Auch im Ausland werden Windparks im Meer errichtet. Wir haben auch Erfahrungen mit Projekten im europäischen Ausland, jedoch hat meine Firma dort keine Niederlassungen.
>> Arbeiten Sie eher allein oder im Team?
Wir sind ein Team aus fünf Kollegen und mehreren freiberuflichen Mitarbeitern. Im Büro gibt es des Weiteren noch etwa 15 weitere Biologen
>> Macht es Sinn ein Praktikum in Ihrem Bereich absolvieren?
Gibt es andere Möglichkeiten einen Eindruck von der Arbeit als … zu bekommen?Ein Praktikum ist nicht unbedingt leicht, da auf Grund von Sicherheitsvorschriften an Bord nur Personen teilnehmen können, die entsprechende Kurse absolviert haben. Einblick ins Büro, kann man natürlich im Rahmen eines Praktikums erlangen. Ein Praktikum im Büro wird einem Arbeitsabläufe der Organisation und der Datenanalyse sowie des Datenmanagement zeigen. Diesbezüglich ist die Arbeit im Büro aber nicht anders als bei Gutachterbüros die sich ausschließlich mit Themen auf dem Festland beschäftigen.
>> Welchen Abschluss benötigt man?
In der Regel arbeiten für uns studierte Biologen mit einem Master oder Diplomabschluss. Zusätzlich sind Personen bei uns angestellt oder arbeiten freiberuflich mit speziellen Kenntnissen und Fähigkeiten bei der Arterkennung.
>> Ist Ihr Beruf ein Ausbildungsberuf, muss man ein abgeschlossenes Studium vorweisen können oder ist ein Quereinstieg möglich?
Wie erwähnt sind einige unserer Kollegen nicht studierte Personen. Dies sind aber Personen die durch jahrelanges Eigenstudium Kenntnisse von Flora und Fauna erworben haben.
>> Gibt es unterschiedliche Fachrichtungen? Welche Fachrichtung ist Ihre?
Bei der Erstellung von Umweltverträglichkeitsstudien von Offshore Windparks werden mehrere Teilgebiete betrachtet. Dies sind Fischfauna (Ichthyologie), Bodenfauna (Benthos), Vögel (Ornithologie), Meeressäuger und Fledermäuse (Zoologie). Dies sind alles Disziplinen der Biologie. Darüber hinaus wird eine allgemeine Aussage und Bewertung abgegeben und eine Einordnung in dem rechtlichen Status des Biotops und der Arten (Rote Listen). Hierfür sind Kenntnisse von nationalem und europäischem Recht (Flora und Fauna Habitat-Richtlinie) von Nöten, worauf sich Umweltwissenschaftler oder Landschaftsplaner spezialisiert haben. Mein Abschluss habe ich als Hydrobiologe bzw. Fischereibiologe erworben und habe mich in den Bereich der Meeressäuger eingearbeitet. Mich kann man also als eine Art Quereinsteiger definieren.
>> Ist Mathematik wichtig für Ihren Beruf?
Wie für andere Naturwissenschaften ist Mathematik ein wichtiger Bestandteil unsere Ausbildung und Arbeit. Wenn wir an den Berichten und Auswertungen sitzen ist dies eines unserer wichtigsten Arbeitsmittel. Unsere Untersuchungen werden hierfür mit statischen Verfahren getestet. Hierzu zählen Bestimmungen von Mittelwerten, Median und Quantilen aber auch komplexere Verfahren wie Regressionen, Prinzipal Komponenten Analysen, bis zu statistischen Modellen. Andere Analysen umfassen Bestimmung von Entfernung auf Basis des Satz von Pythagoras.
>> Muss man in Ihrem Beruf gut Englisch sprechen können?
Bereits bei der Datenaufnahme kann Englisch wichtig sein, da die Mannschaften der Schiffe meistens aus internationalen Personal zusammengesetzt ist, dass mit uns und unter sich auf Englisch kommuniziert. Darüber hinaus arbeiten wir mit Firmen aus Holland, Dänemark, England und Polen zusammen. Entweder sind dies Firmen, von denen wir Material kaufen, unsere Auftraggeber oder Kooperationspartner. Hierzu müssen Emails geschrieben werden, oder auf Englisch am Telefon gesprochen werden. Ebenso kann es nötig sein, den ganzen Bericht statt auf Deutsch auf Englisch zu verfassen.
>> In welchen Schulfächern sollte man sonst gute Noten vorweisen können?
Auf die Noten aus der Schule schauen wir persönlich nicht, während des Studiums eignet man sich Kenntnisse an, die die Noten in der Schule relativieren. Wichtig ist, dass man den Beruf findet, der zu einem passt und einem wirklich Spaß macht. Dies kann man an dem Bewerbungsschreiben und dem Lebenslauf viel besser erkennen, als an einer Note.
>> Welche Grundfähigkeiten benötigt man für Ihren Job?
Meiner Meinung benötigt man solide Kenntnisse aus seinem Studium, Computerfähigkeiten insbesondere was Word, Excel und Access betrifft, Erfahrungen in der Anwendung von Statistikprogrammen, wie z.B. SPSS, SigmaPlot oder R, gutes Englisch, Seefestigkeit und insbesondere eine Begeisterungsfähigkeit für diese Arbeit.
>> Welche „soft skills“ sind gefragt?
Außer den bereits genannten Fähigkeiten was Sprachen und Computerkompetenzen angeht ist folgendes wichtig. Wir arbeiten mit Leuten mit verschiedenen Background zusammen. Es sprechen z.B. nicht alle ein gutes Englisch. Hierfür braucht man Einfühlungsfähigkeit und manchmal Geduld. Das selbe betrifft die Schiffe, hier betritt man das Heim von der Schiffsmannschaft. Wir sind Gäste an Bord und sollten dies immer bedenken. Insbesondere sind wir ein Team aus über 100 Leuten, man muss mitdenken und Verantwortung übernehmen können und wollen.
>> Wie kann man sich später weiterbilden?
Man bildet sich als Biologe ständig weiter. Hierfür sind Workshops oder Teilnahme an Konferenzen wichtig. Ebenso eigenverantwortliches lesen der aktuellen Literatur und vor allem eigenverantwortliches Einarbeiten in andere Bereiche, wie z.B. andere Tiergruppen, Statistik und auch Sprachen.
>> Wie sieht es auf dem Arbeitsmarkt aus?
Ist die Chance, später einen Job zu finden groß?Der Bereich der Umweltgutachter sieht im Moment relativ gut aus. Mit den entsprechenden Fähigkeiten bekommt man einen Job. Der Markt ist aber sehr variabel, so gab es Jahre wo das Geschäft rückläufig war und andere wo es sehr schwierig war entsprechend qualifiziertes Personal zu bekommen.
>> Was finden Sie, ganz generell, an der Offshore-Windenergie reizvoll?
Wir verändern ein riesiges Ökosystem, in dem wir künstliche Riffe erbauen. In diesen Gebieten kann nicht oder nur wenig gefischt werden. Hierdurch werden sich die Rahmenbedingungen des Ökosystems ändern und neue Habitate entstehen. Ich empfinde es als unsere Pflicht diese Änderung wissenschaftlich zu untersuchen um diese Änderung zu verstehen und Konsequenzen aus Handeln für die Zukunft zu ziehen.
>> Wollten Sie von Beginn an in der Branche der erneuerbaren Energien arbeiten?
Als Umweltgutachter zu arbeiten war für mich immer interessant, der Bereich der erneuerbaren Energien hatte ich aber zu Beginn meines Studiums nicht im Blickfeld.