>> Bei welchem Arbeitgeber arbeiten Sie und wie lautet Ihre Position?
Ich bin Partnerin bei BBH.
>> Empfinden Sie Ihren Job als anstrengend?
Ja. Das liegt aber eher daran, dass es teilweise etwas anstrengend ist, Arbeit und Familie in Balance zu bekommen.
>> Ist Ihr Beruf abwechslungsreich?
Ja.
>> Wie würden Sie Ihre Tätigkeit beschreiben?
Anwaltlich begleite ich verschiedene Windparks zu Genehmigungs- oder Genehmigungsvollzugsverfahren und berate zu Vergütungsfragen. Weiter arbeite ich vielfach in Projekten mit, beispielsweise zusammen mit der Stiftung OFFSHORE WINDENERGIE. Dort habe ich dann die Rolle „der Juristin“. Insgesamt bin ich spezialisiert auf Fragen des Anlagenrechts, des Umwelt- und Planungsrechts und des Rechts der Erneuerbaren Energien. Darüber hinaus bin ich Vorstandsvorsitzende des Offshore-Forums Windenergie (das ist ein Zusammenschluss von Windparkentwicklern und –betreibern) und mache in dieser Funktion Lobby-Arbeit für die Nutzung der Offshore-Windkraft.
>> Gibt es etwas in Ihrem Job, was man in anderen Jobs schwer findet?
Ich habe mit Becker Büttner Held eine Kanzlei, die sehr kompetent in den Bereichen Energie- und Energiewirtschaftsrecht ist. Aber auch andere Aspekte, wie Gesellschaftsrecht oder Infrastrukturecht werden von uns mit abgedeckt. Dies gehört, wenn man Energieerzeuger betreut, zwingend dazu. Heißt: Ich habe eine große Menge an kompetenten Kolleginnen und Kollegen, die mir da immer gut zur Seite stehen können, wenn ich spezielle Fragen habe. Weiter habe ich mit der Spezialisierung auf die Offshore Windenergie ein kleines und etwas exotisches Betätigungsfeld. Das führt dazu, dass ich Fälle bearbeite, von denen es gar nicht so viele gibt. Auch die Arbeit als Lobbyistin ist nichts „klassisches“, sondern man muss da reinwachsen.
>> Haben Sie geregelte Arbeitszeiten?
Ja. Darauf achte ich aber auch. Meine dreijährige Tochter verlangt es einfach, dass ich sie um fünf aus dem Kindergarten abhole. Deswegen halte ich mich strikt daran – das wird vom Kollegium aber auch gut akzeptiert.
>> Arbeiten Sie hauptsächlich hier an Ihrem Arbeitsplatz oder unternehmen Sie häufig Dienstreisen oder arbeiten von zu Hause aus?
Ich bin nicht mehr so häufig auf Dienstreise. Das war früher anders. Jetzt schaue ich sehr strikt: Bekomme ich das hin? Ist es nötig, dass ich dort persönlich auftauche oder kann das jemand anders für mich erledigen?
>> Könnten Sie theoretisch Ihren Standort wechseln, beispielsweise in einen kleinen Ort Süddeutschlands oder ins Ausland ziehen?
Für das, was ich mache, muss ich in Hamburg oder Berlin sein. Im Ausland bin ich als deutsche Juristin im Grunde nutzlos.
>> Arbeiten Sie eher allein oder im Team?
Ich arbeite viel mit Kolleginnen und Kollegen aus der Offshore-Branche zusammen. Im Büro habe ich auch immer Leute, mit denen ich fallfragenspezifisch zusammenarbeite. Was meine anwaltliche Tätigkeit im Offshore-Bereich angeht: hier arbeite ich meistens alleine oder mit einigen Kollegen, die sich dort ebenfalls auskennen.
>> Macht es Sinn ein Praktikum in Ihrem Bereich zu absolvieren? Gibt es andere Möglichkeiten, einen Eindruck von der Arbeit als Anwältin zu bekommen?
Ein Praktikum macht keinen Sinn, weil meine Fälle und Themen bzw. Fragestellungen zu langwierig sind. Nehmen wir mal an, ein Praktikum dauert vier Monate – da sind Sie nie bis zum Ende eines Verfahrens oder Projekts mit dabei. Um sich einen Überblick über die Verbandstätigkeit in der Theorie zu verschaffen, muss man sich viele Protokolle, Gesetzesentwürfe und Stellungnahmen durchlesen. Einen Einblick in die anwaltliche Tätigkeit kann man durch ein Aktenstudium erlangen. Dies geht jedoch wegen der Schweigepflicht nicht.
>> Welchen Abschluss benötigt man?
Abitur und ein abgeschlossenes Jurastudium plus Referendariat/zweites Staatsexamen.
>> Ist Ihr Beruf ein Ausbildungsberuf, muss man ein abgeschlossenes Studium vorweisen können oder ist ein Quereinstieg möglich?
Der Beruf des Anwaltes ist ein akademischer Beruf. Auch ein Quereinstieg ist nur mit Studium möglich. Ins Thema kann man natürlich schon quereinsteigen – das macht aber nur Sinn, wenn man schon Jurist ist und sich einem neuen Themenbereich zuwenden will.
>> Ist Mathematik wichtig für Ihren Beruf?
Nein – jedenfalls komme ich ohne aus.
>> Muss man in Ihrem Beruf gut Englisch sprechen können?
Das ist hilfreich.
>> In welchen Schulfächern sollte man sonst gute Noten vorweisen können?
In Deutsch. Man muss in diesem Beruf vor allem gut schreiben können. Nach schlechten Erfahrungen achte ich mittlerweile sehr genau auf die Deutschnote im Abiturzeugnis. Hier sollte man mindestens gute Leistungen erbracht haben.
>> Welche „soft skills“ sind gefragt?
Auf jeden Fall muss man kommunikations-, konzentrations- und entscheidungsfähig sein. Man muss sich auf den Empfängerhorizont einstellen können, sicher auftreten, aber auch die eigenen Grenzen kennen.
>> Wie kann man sich später weiterbilden?
Man kann beispielsweise Fachanwalt werden oder promovieren.
>> Was finden Sie, ganz generell, an der Offshore-Windenergie reizvoll?
Ich finde die Größe der Vorhaben beeindruckend. Damit meine ich nicht nur die Megawattgröße für Erneuerbare-Anlagen, die ja sonst deutlich kleiner sind. Sondern auch die Vielfalt: Man hat mit vielen unterschiedlichen Disziplinen zu tun und lernt dadurch immer wieder etwas. Manchmal habe ich als Juristin eine Vorstellung, wie etwas umgesetzt werden muss, und die Techniker sagen mir dann, dass das so nicht möglich sei. Oder auch anders herum. Eine große Rolle spielen auch die Fragen des Naturschutzes. Man muss viel diskutieren und Wege und Kompromisse suchen und, so ist mein Gefühl, alle lernen dadurch eine Menge. Dadurch, dass die Offshore-Windenergie so prestigeträchtig ist, muss ich unter anderem auch viel mit Behörden und mit der Politik arbeiten bzw. sie ansprechen. Man bekommt schon ein bisschen das Gefühl, ein klein wenig am großen Rad Energiewende mitzudrehen und das finde ich sehr schön. Man kann so an der Energieversorgung der Zukunft mitarbeiten und einen kleinen Beitrag zur Neugestaltung leisten.
>> Wollten Sie von Beginn an in der Branche der erneuerbaren Energien arbeiten?
Als ich mit dem Studium anfing, hatte ich noch keinen konkreten Plan und habe mich erst im Laufe des Studiums dem Umwelt- und Planungsrecht zugewandt. Mein Schwerpunkt lag eher im Naturschutz und im Anlagenrecht und ich bin 2005 durch eine Anstellung bei Herrn Kuhbier, dem Vorstandsvorsitzenden der Stiftung Offshore-Windenergie, eher zufällig in die „Erneuerbaren“ gerutscht. Das passte aber sehr gut.